Eigenforschung

Seit Herbst 2024

Digitale Infrastrukturen sind in der heutigen Zeit längst von gleicher Bedeutung wie Straßen und Stromleitungen. Somit verändern Rechenzentren - das physische Rückgrat der Cloud - unsere stadt-regionalen Landschaften. Das selbstfinanzierte Forschungsprojekt „Clouds and Grounds“ untersucht, wie „die Cloud“ bzw. Rechenzentren auf die Realitäten der Flächennutzungsplanung, Energiesysteme und räumlichen Entwicklungen treffen. Regionen wie Nord-Virginia, der Großraum Amsterdam, Dublin oder Frankfurt/Rhein-Main charakterisiert bereits eine hohe Dichte von Rechenzentren. Diese flächen- und energieintensiven gewerblichen Bauten   befinden sich oft in städtischen oder stadtnahen Räumen mit begrenzter Flächenverfügbarkeit, konkurrierenden Flächennutzungsprioritäten und wachsenden Bedenken hinsichtlich Nachhaltigkeit und räumlicher Gerechtigkeit. Die Planung ist somit zunehmend gefordert, die infrastrukturellen Anforderungen von Rechenzentren mit anderen Stadtentwicklungszielen in den Breichen Wohnen, Grünflächen, Klimaschutz und Strukturwandel in Einklang zu bringen. Das Forschungsfeld zu Rechenzentren in der Raumplanung und wie verschiedene Governance-Modelle auf Entwicklungsdynamiken der Branche reagieren ist allerdings noch jung und wenig bespielt.

Als eine der Kernregionen der Rechenzentrumsindustrie stellt das Rhein-Main-Gebiet in Deutschland einen interessanten Fall dar, welcher bisher nur wenig wissenschaftliche Aufmerksamkeit erhalten hat. Seit den späten 2010er Jahren erlebte die Stadt Frankfurt einen hohen Andrang von Rechenzentren, nicht zuletzt aufgrund des DE-CIX, dem größten Internetknoten der Welt, der sich in der Stadt befindet. Die Vielzahl von Bauanträgen in Stadt und Stadtregion führte zu einem Dilemma für die Planungsbehörden. Einerseits gab es Bedenken aufgrund des sich stark erhöhenden Energiebedarfes und -verbrauchs, limitierter Flächenkapazitäten und Bürgerprotesten. Andererseits ist das Wachstum lokaler Rechenkapazitäten in Deutschland und der EU ein Schlüssel zu den digitalpolitischen Zielen im Bereich KI, digitaler Souveränität und zukünftiger wirtschaftlicher Entwicklung. Welche Dilemmata ergeben sich also aus der Agglomeration von Rechenzentren in der Rhein-Main-Region und welche planerischen Antworten gibt es? Um diese Frage zu beantworten, betrachten wir das Phänomen der regionalen Agglomeration von Rechenzentren vor dem Hintergrund von Infrastrukturtheorie (Turner 2020). Wir analysieren die Dimensionen Kontrolle und Governance, Sicherheit, Integration, Entwicklung/Wachstum und Nachhaltigkeit, um die Herausforderungen und die Relevanz der stadtregionalen Ebene für die strategische räumliche Koordination aufzuzeigen.